Zwei Smartphones scannen Barcodes und QR-Codes mit unterschiedlicher Software

ZXing vs. ZBar: Der große Vergleich der Barcode- und QR-Scanner Software

Wenn du dich zwischen zwei der bekanntesten Open-Source-Lösungen für Barcode- und QR-Code-Erkennung entscheiden willst, führt kein Weg an ZXing vs. ZBar vorbei. Beide Tools bieten funktionale Stärken – aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten bei Performance, Formaterkennung und Systemintegration.

Zentrale Punkte

  • ZXing bietet eine breite Formatunterstützung, inklusive 1D- und 2D-Codes.
  • ZBar liest QR-Codes besonders schnell und ist sehr ressourcenschonend.
  • ZXing eignet sich hervorragend für Android und Web-Anwendungen.
  • ZBar läuft stabil in Embedded Systems und bei geringer Hardware-Leistung.
  • Für beschädigte oder kreative Barcodes liefert ZXing meist zuverlässigere Ergebnisse.

Technischer Ursprung und Architektur

ZXing (Zebra Crossing) wurde unter der Führung von Google in Java konzipiert. Die offene Struktur ermöglicht auch C++- und Python-Portierungen. Das macht ZXing vielseitig einsetzbar – besonders im Enterprise-Umfeld oder in Hybrid-Apps. Es bietet eine performante Decoder-Architektur und unterstützt zahlreiche Barcode-Typen wie Aztec, PDF417 oder MaxiCode.

ZBar fokussiert sich stark auf Geschwindigkeit bei QR- und linearen Codes. Da es direkt in C geschrieben ist, läuft es besonders flott auf Embedded-Systemen, Einplatinencomputern wie dem Raspberry Pi oder Mikrocontrollern. Besonders hervorzuheben ist die Python-Anbindung via pyzbar, was ZBar zur bevorzugten Wahl für Rapid Prototyping macht.

Barcode-Typen im direkten Vergleich

Die Erkennung unterschiedlicher Barcode-Formate ist eine der wichtigsten Anforderungen. Die folgende Tabelle zeigt die unterstützten Typen beider Systeme im Überblick:

Decoder 1D-Barcodes 2D-Barcodes (QR, DataMatrix etc.)
ZXing Ja Ja (inkl. Aztec, PDF417, MaxiCode)
ZBar Ja Ja (Fokus auf QR-Code)

ZXing bringt einen klaren Vorteil beim Scannen seltener Barcode-Formate. Wer häufig mit z. B. Aztec- oder MaxiCodes arbeitet – etwa in der Pharma- oder Luftfahrtbranche – greift zu ZXing. ZBar hingegen fokussiert sich auf Alltagsszenarien und Hauptformate wie QR und EAN, was in vielen Szenarien bereits vollkommen ausreicht.

Performance im Alltag und Benchmark-Ergebnisse

Die Benutzererfahrung hängt stark von der Erkennungszeit ab. In Labor-Benchmarks liegt die durchschnittliche Verarbeitungszeit pro Bild bei etwa 157 ms für ZBar und 179 ms für ZXing. Das mag gering erscheinen, macht sich jedoch bei der Massenerfassung oder in zeitkritischen Anwendungen schnell bemerkbar.

ZBar zeigt seine Stärken vor allem bei optimalen Bedingungen – gut ausgerichtete, klare Codes. ZXing glänzt hingegen mit einem robusteren Decoder unter schwierigen Bedingungen (schräger Winkel oder beschädigte Codes). In meiner Praxis war ZXing beim Scannen von künstlerisch gestalteten QR-Codes deutlich zuverlässiger.

Mehrere Symbole gleichzeitig erkennen

Ein Bild – mehrere Codes. Das ist besonders in Logistik und Inventarisierung zentral. ZBar erkennt standardmäßig mehrere QR- oder Barcode-Symbole in nur einem Kameraframe.

ZXing hingegen liest standardmäßig ein einzelnes Symbol. Erst die C++-Variante (zxing-cpp) oder spezielle Erweiterungen ermöglichen eine Mehrfacherkennung. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, doch ZBar punktet hier klar durch native Mehrscanner-Unterstützung.

Wie leicht ist die Integration?

Die Verwendung in verschiedenen Programmiersprachen und Plattformen gelingt bei beiden Tools problemlos. ZXing lässt sich durch seine Java-Basis direkt in Android-Apps einfügen, problemlos auch mit Cross-Plattform-Frameworks wie Xamarin oder Flutter.

ZBar ist durch seine ursprüngliche C-Struktur minimalistisch aufgebaut. Deshalb eignet es sich ideal für Ressourcen-limitierten Systeme. Mit pyzbar steht zudem eine stabile Python-Anbindung bereit, durch die Entwickler innerhalb weniger Minuten einen funktionierenden Scanner prototypisieren können.

Community und Weiterentwicklung

ZXing lebt von seiner aktiven Entwicklergemeinschaft. Regelmäßige Commits, Forenbeiträge und Bugreports tragen zur Funktionsvielfalt bei. Besonders nützlich ist das im mobilen Segment und für neue Plattformen wie Wearables oder Augmented Reality.

ZBar ist solider, aber wächst langsamer. Das bedeutet jedoch auch – was einmal implementiert ist, läuft. Fehlerbehebungen erfolgen zögerlicher, doch bei langfristigen Installationen (z. B. in Industrieanlagen ohne regelmäßige Updates) kann genau das von Vorteil sein.

Praxisbeispiele für den Einsatz

Ich setze beide Tools je nach Anwendungsfall ein:

  • Für eine Android-App im Eventbereich nutze ich ZXing, weil es nativ in Java läuft und sofort mit der Kamera-API funktioniert.
  • In einem IoT-Projekt mit Raspberry Pi entschied ich mich für ZBar – kleiner Speicherbedarf, einfache Anbindung in Python und starke Performance im Offline-Betrieb.
  • Bei einem Barcode-Analysewerkzeug für den Desktop hatte ich mit beiden Systemen gute Erfahrungen – hier zählen stabile APIs und ein geringer Konfigurationsaufwand.

Sicherheitsaspekte und Lizenzierung

Sowohl ZXing als auch ZBar halten sich an offene Lizenzmodelle: Apache License 2.0 bei ZXing, LGPL 2.1 bei ZBar. Für kommerzielle Software bedeutet das: Kein Vendor-Lock-in, keine Lizenzgebühren. Die Verantwortung liegt bei dir – regelmäßige Updates sichern die IT-Sicherheit.

Besonders bei Anwendungen mit Internetzugriff oder speicherintensiver Verarbeitung solltest du auf modulare Architekturen achten, sodass sich Sicherheitslücken zeitnah patchen lassen.

Alternative Wege: Kommerzielle Lösungen

Wenn dein Projekt auf maximale Erkennungsrate oder besonders beschädigte QR-Codes angewiesen ist, können kostenpflichtige SDKs wie etwa Dynamsoft Barcode Reader einen Vorsprung bringen. Die Benchmarks zeigen: Dynamsoft ist oftmals schneller und garantiert nahezu 100 % Trefferquote bei schlechten Lichtbedingungen oder fehlenden Datenfragmenten.

Interessant ist das vor allem für Unternehmen, die mit hoher Scanstabilität arbeiten müssen – z. B. medizinische Labore oder Hochgeschwindigkeits-Produktionslinien. Aber Achtung: Je nach Lizenz kostet das mehrere Hundert Euro pro Jahr.

Erweiterte Konfigurationen und Tipps

Wer im Alltag mehr aus ZXing oder ZBar herausholen möchte, kann einige Feinjustierungen und Anpassungen vornehmen. Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Vorverarbeitung von Bildern. Einfache Bildfilter, die den Kontrast erhöhen oder ein Graustufenumwandlung vornehmen, können bereits große Unterschiede machen. Für ZXing gibt es diverse Parameter, die über den DecodeHintType gesteuert werden können, um etwa das Rückgabeverhalten bei teils unvollständigen Codes zu beeinflussen. Bei ZBar bietet sich dagegen eine besonders schnelle Auswertung mit binärer Schwellenwertanpassung an, die das Bild in wesentliche Schwarz-Weiß-Bereiche unterteilt und unnötige Details unterdrückt.

Gerade bei mobilen Anwendungen sorgt dieses sogenannte Preprocessing für eine deutliche Reduktion der Erkennungszeit und hilft, wenn Nutzer ihre Kamera nicht perfekt ruhig halten können. Ebenfalls empfehlenswert ist das Caching von Kamera-Frames in Situationen, in denen viele gleiche Codes hintereinander gescannt werden. So können redundante Operationen gespart werden.

Umgang mit unvollständigen oder beschädigten Codes

Ein wesentlicher Faktor im praktischen Einsatz ist die Fehlerkorrektur. Während QR-Codes über eingebaute Fehlerkorrekturmechanismen (Reed-Solomon) verfügen, gilt dies nur eingeschränkt für andere Formate. ZXing hat hier den Vorteil, bei leichten Beschädigungen einen robusteren Decoder anzubieten. Gerade bei künstlerisch gestalteten oder partiell verdeckten Codes zeigt sich, dass ZXing öfter noch ein erfolgreiches Ergebnis liefert – solange die Bereiche mit den wichtigen Datenblöcken nicht vollständig zerstört sind.

Andererseits kann ZBar bei stark verschmutzten und sehr simplen QR-Codes durch seine hohe Grundgeschwindigkeit häufiger einen zweiten oder dritten Scan versuchen – insbesondere, wenn die Anwendung so konfiguriert wird, auf Wiederholungsversuche bei Fehlschlägen zu setzen. In Summe empfiehlt es sich, beide Decoder zunächst auf Testdaten zu vergleichen, wenn man regelmäßig mit beschädigten Codes arbeitet.

Scanning von Videostreams

In vielen Anwendungen – ob Kassenlösung oder Einlasskontrolle – ist das kontinuierliche Scannen über einen Videostream entscheidend. Während ZXing traditionell für das “Bild-für-Bild”-Scanning eingesetzt wird (z. B. unter Android), lässt sich ZBar sehr komfortabel ‘live’ nutzen. Mit der API von ZBar kann man beispielsweise einen Framegrabber einrichten und jedes einzelne Bild direkt zur Dekodierung an das ZBar-Modul übergeben, sobald es zur Verfügung steht. In Python ermöglicht dir pyzbar einen sehr simplen Zugriff: Ein “while True”-Loop mit Kameraeingang und sofortigem Decoding der Frames kann innerhalb weniger Zeilen Code programmiert werden.

Bei ZXing erfolgt ein ähnliches Vorgehen, doch insbesondere in Java sind zusätzliche Threads und Pufferungsschichten nützlich, um eine ruckelfreie Darstellung zu gewährleisten. Wichtig ist in beiden Fällen, die CPU-Last im Blick zu behalten: Bei HD-Streams und höherer Framerate kann es sinnvoll sein, nur jedes zweite oder dritte Frame zu analysieren, solange nicht ultraschnelle Reaktionszeiten (wie bei Hochgeschwindigkeits-Produktionslinien) verlangt werden.

Zusatzfunktionen: Datenverifizierung und Parsing

Scanning allein genügt häufig nicht. Vor allem bei 2D-Codes, die mehr Informationen enthalten können, trifft man schnell auf komplexe Inhalte wie URLs, Kalenderdaten, Seriennummern oder sogar verschlüsselte Payloads. Während diese Logik prinzipiell von der Anwendungsschicht gelöst wird, gibt es bereits zahlreiche Bibliotheken – gerade im Umfeld von ZXing – die das ausgelesene Ergebnis direkt weiterverarbeiten können. So lassen sich zum Beispiel QR-Codes mit vCard-Datenstrukturen oder WiFi-Konfigurationsdaten (wie “WIFI:S:MyNetwork;T:WPA;P:mypass;”) automatisch parsen.

ZBar hält sich hier stärker zurück. Es liefert in der Regel lediglich den reinen String-Wert oder Rohdaten zurück, überlässt aber die Interpretation dem Entwickler. Das kann in streng regulierten Umgebungen ein Vorteil sein, weil keine ungewollten Manipulationen stattfinden. In der Praxis sind solche Parsing-Funktionen jedoch oft nützlich, gerade bei prototypischen Projekten, da man schneller zu einer funktionsfähigen Lösung kommt.

Hardware-Besonderheiten und Optimierung

Natürlich spielen auch die Hardware-Faktoren eine wesentliche Rolle. Auf High-End-Smartphones oder leistungsstarken PCs arbeitest du meist in einer komfortablen Umgebung mit hoher CPU- und GPU-Leistung. In so einer Konstellation lässt sich ZXing problemlos einsetzen, ohne dass es zu Performanceproblemen kommt. Für die allermeisten Anwendungen auf Mobilgeräten gilt ohnehin, dass die Kameraqualität eine ebenso große Rolle wie der reine Decoder spielt. Schlechte Fokussierung oder niedrige Auflösung können viele Millisekunden kosten.

Bei kleinen Embedded-Modulen, auf denen man z. B. nur wenige Megabytes RAM zur Verfügung hat, kann ZBar mit seiner spartanischen Implementierung glänzen und so auch ältere Systeme performant halten. Hier zahlt sich der C-Code aus, der sehr nah an der Hardware agiert und kaum Overhead verursacht. Zusätzlich kann man ZBar so konfigurieren, dass es nur bestimmte Symbole akzeptiert und damit den Suchraum weiter verringert. Das spart Zeit und verringert den Speicherverbrauch.

Ausblick und zukünftige Entwicklungen

Im Bereich Scanner-Technologien und maschinelles Sehen tut sich stetig viel. ZXing könnte in Zukunft noch mehr Optimierungen für Machine-Learning-Ansätze integrieren, um beschädigte Codes mithilfe neuronaler Netze zu reparieren oder zu rekonstruieren. Erste Konzepte und Test-Implementierungen sind bereits in der Community zu finden, jedoch meist noch experimentell. ZBar dagegen profitiert vom Trend zu kleineren, kostengünstigen Geräten, weil sich immer mehr Projekte auf Minimalhardware stützen, etwa bei Wearables oder IoT-Sensorik.

Denkbar sind in den kommenden Jahren auch stärkere Partnerschaften mit spezialisierten Chip-Herstellern, die Decodierung in eigene Hardwarebeschleuniger auslagern. Dort hätte ZBar eine gute Ausgangsposition, da es bereits in reinem C geschrieben ist und somit ohne große Umschweife in Embedded-Prozesse eingefügt werden kann. Für ZXing könnte die Java-basierte Architektur hingegen leichter auf leistungsfähigen Cloud-Plattformen skalieren, wenn riesige Mengen von Barcodes parallel eingescannt und ausgewertet werden müssen.

Meine persönliche Empfehlung

ZXing vs. ZBar – dieser Vergleich hängt stark vom Use Case ab. Brauchst du breite Formatunterstützung, arbeite mit ZXing. Willst du kompakt, flott und auf QR begrenzt bleiben – entscheide dich für ZBar. Aus Entwicklerperspektive nehme ich ZXing für vielseitige Cross-Plattform-Apps und ZBar, wenn Effizienz, Systemnähe und Embedded-Fähigkeit gefragt sind.

Beide Tools liefern im Alltag solide Arbeit. Nur bei Spezialfällen – etwa fehlertolerantes Scannen bei schwierigem Licht – lohnt sich ein Blick auf Premium-Scanner-SDKs. Gleichzeitig sollte man die Zukunft im Auge behalten: Scanner-Lösungen passen sich stetig neuen Anforderungen an, und oft genügt ein Update, um von wichtigen Verbesserungen im Erkennungsprozess zu profitieren. Wer also flexibel und experimentierfreudig ist, macht mit beiden Lösungen nichts falsch.

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